Wie war das damals?
Interview aus dem Jahr 2010 mit Rudi Hirsch und Heinz Jürgens, Mitglieder der ersten Stunde aus Anlass des 50-jährigen Jubiläum der Schießabteilung.
So, dann erzählt doch mal, Rudi wer ist denn überhaupt auf die Idee gekommen, 1960 die Schießabteilung zu gründen?
Auf der Generalversammlung der Anna Bruderschaft, das waren Armin Ellebracht, Conny Bleise und Alfons Jürgens. Die waren zuerst. Und ich war dann auch sofort dabei.
Und wie kamst du, Rudi, als alter Fußballer darauf, da mitzumachen?
Ich war gut mit Alfons befreundet und Armin kannte ich auch, vom Schützenverein. Heinz war ja nur bei den Heidker Schützen und kam erst ein paar Monate später.
Ich war bei der Bundeswehr damals und da hatte ich meinen ersten Urlaub.
Alfons sagte damals „Komm doch mit!“ und dann bin ich eben mitgegangen und hab erstmal nur Kaffeesieb geschossen. Ich weiß noch, dass Armin Ellebracht sagte: „Du wirst nie was, hör du man auf…“ Ich sagte: „Das werd ich dir beweisen!“ und das hab ich ihm bewiesen! Später hat er nichts mehr gesagt…
Wie sah denn der Stand aus damals?
Zuerst waren wir hinten bei Hotel Althaus im Saal, zwischendurch bei Gaststätte Osthues-Brandhove und danach bei Gaststätte Rumphorst.
Da mussten wir die Schießanlange hinten ausm Pferdestall holen, über den Hof und durch die Kneipe tragen und dann im Saal aufbauen.
Da haben wir dann die Tische hochkant aufgestellt und auf einmal „AUTSCH!“ hatte Hans Hotte ne Kugel im Kopf.
Wie? Im Kopf? Hat der da gestanden?
Ja, ne Scheibenzuganlage hatten wir doch nicht. Also wurden hinten bei den Scheiben Tische aufgestellt, hinter denen hockte dann jemand, der musste links und rechts gucken was die anderen geschossen hatten. Der hatte dann so`ne Kelle in der Hand und hat damit dem Schützen angezeigt, wo die Schüsse hingegangen sind. In der Mitte unten war die Eins, dann die Zwei, die Drei und so weiter. Die Zehn war dann mittig kreisen.
Und Hans Hotte hat dann nach dem Schuß geguckt und ist hoch gegangen, und in dem Moment hat einer geschossen. Alfons war das glaub ich?
Hans ist dann zu Doktor Koch, der hat die Kugel wieder rausgeholt und hat gesagt: „Jungs, da hinten ist genug Platz, aber vorne müsst ihr vorsichtig sein!“ Ich könnt mich heute noch darüber beömmeln.
Von Althaus sind wir dann zu Brandhove gegangen, in die alte Baracke. Wettkämpfe oder Meisterschaften haben wir dann auch da im Saal geschossen. Unseren ersten Wettkampf, den haben wir da gegen Coesfeld geschossen, immer noch ohne Scheibenzuganlage und mit den Tischen hochkant. 222 hatte ich da, das werde ich nie vergessen.
Bei Gaststätte Rumphorst waren wir dann bis 1963, das ist da wo heute das DRK Zentrum ist.
Geschossen haben wir ja immer sonntags und einmal hatten wir am nächsten Tag einen Wettkampf, da hätten wir die Anlage eigentlich gar nicht abbauen müssen. Haben wir dann aber doch gemacht. Nachher haben wir uns geärgert, da ist nämlich genau in der Nacht ein LKW in den Saal gefahren. Da hätten wir ne neue Schießanlage kriegen können…
Von da aus gings dann rüber zur Gaststätte Bracht in den Keller. Da haben wir dann auch bald eine Schiebenzuganlage bekommen, selbstgemachte.
Jeden Sonntag haben wir für jede Scheibe 10 Pfennig bezahlt, das war dann zusätzlich zum Beitrag. Wir mussten uns ja irgendwie finanzieren.
Da war die Zehn auf der Scheibe bestimmt noch 3 mm groß, danach wurden die Bestimmungen immer härter und so langsam wurde der Punkt für die 10 auf der Scheibe immer kleiner, immer kleiner.
Auf den alten Scheiben, würde man heutzutage nur noch 10en drauf schießen.
Als Bracht dann gebaut hat, sind wir ja übergangsweise nebenan da unten drin gewesen, wo die Heißmangel früher war und dann sind hoch in den Neubau. Und da haben sie uns ja auf den Vereinsmeisterschaften 1991 gesagt, dass wir gehen müssen. Und so ging die Zeit bei Pohlmeier Bracht dann kurz und bündig zu Ende.
Wo hattet Ihr denn überhaupt damals die Gewehre her?
Ja…der eine hatte halt so ein Dingen, der andere so eins. Was man eben so hatte.
Alfons Jürgens hatte die Diana 35 mit Kimme und Korn und der bekam damals die erste mit Diopter, nen Walther Luftgewehr.
Das erste Vereinsgewehr haben wir dann von Pieser-Holtmann gekauft, so´ne Spatzenbüchse, ne Knicklauf. Da haben wir mal nen Ausflug gemacht und kamen bei Pieser- Holtmann vorbei, kamen irgendwie aufs Schießen zu sprechen und dann haben wir von dem das Gewehr gekauft. Haben wir nur ein paar Mark für bezahlt.
Auf dem Foto hier macht ihr ne Wanderung, habt ihr sowas öfter gemacht?
Jedes Jahr. Auf dem Bild hier laufen wir von Telgte nach Westbevern. Das ist das, wo wir auch das Gewehr gekauft haben. Armin hat das Foto gemacht, der hatte damals nen Fotoapparat.
Seid Ihr da völlig ohne Marschverpflegung unterwegs? Oder sieht man die nur auf dem Bild nicht?
Da haben wir nichts mit gehabt. Aber da waren ja genug Kneipen auf dem Weg…in Westbevern an der Kirche die kleine Kneipe zum Beispiel, die ist heute ja zu…
Das war die billigste Kneipe im ganzen Umkreis von Telgte. Als wir da drin waren, das weiß ich noch, da wurde es höchste Zeit, dass wir da raus kamen. Und von da aus ging es dann ja noch weiter zu Pieser- Holtmann und Haus Langen, wo damals auch noch ne Kneipe war.
Wir sind früher viel gelaufen, sehr viel. Aber unterwegs hatten wir nie ne Flasche Bier oder irgendwas mitgehabt.
Wir gingen ja morgens schon los, 9 Uhr, 10 Uhr, das war ein langer Weg bis abends.
Und nach Hause durften wir bloß im Dunkeln gehen….also das war richtig schön damals.
Wir haben ständig gesungen, ewig, auch unterwegs, beim Gehen waren wir am Gröhlen. Und je später der Tag wurde, desto schöner wurden die Lieder.
Wie viele Mitglieder wart Ihr denn damals?
Wir sind eigentlich immer recht viele gewesen, bis auf 1971, wo Alfons Jürgens gestorben ist.
….da haben wir nen Einbruch gehabt.
Ja, da waren wir nachher bloß noch vier Schützen. Und da hab ich zu Hans und Manfred Hotte und auch zu Heinz Jürgens gesagt „Kommt, lasst uns weiter machen. Es kommen irgendwann mal wieder welche dazu.“ Und trotzdem haben wir bei Diözesanmeisterschaften und Rundenwettkämpfen den ersten gemacht.
Wo war der Armin Ellebracht denn eigentlich geblieben?
Der hat doch aufgehört, weil seine Frau so schwer krank war. Also waren wir nur noch vier. Und dann, nach Schützenfest, kam dann der eine, der andere dabei, unter anderem Jürgen und Berni Busalski und Reinhold Sloot. Und dann gings so langsam wieder aufwärts. Das waren zwei Jahre, dass wir nur so ein paar Mann waren.
Aber trotzdem haben wir uns tapfer geschlagen.
Habt ihr nicht damals auch Sport gemacht?
Ja, Fußball gespielt.
In der Emsesch Halle, die hatten wir ein Mal in der Woche. Wir sind dann auch gelaufen, haben ein paar Lockerungsübungen gemacht und dann Fußball gespielt. Das haben wir lange Jahre gemacht, aber nachher wurde das immer weniger und dann haben wir es schließlich aufgegeben.
Wir haben auch mal bei Diekmann-Demmer Fußball gespielt, auf dem Hof. Mit Jürgen Busalski noch zusammen, der hat mir richtig einen mitgegeben. Ab in das große Becken, das da war, die Beine gekühlt. Das tat höllisch weh. Und immer, wenn ich aufstehen wollte, musste ich erstmal einen trinken.
Oder das Spiel bei meinem Schwager auf dem Hof, da musste mal Daggi Plagge nach fragen.
Und dann auf dem Rückweg zu Gaststätte Büscher hin… das war der Tod. Keiner konnte mehr laufen, keiner hatte Lust mehr. Dann ist jemand mit dem Auto gekommen und ist immer gependelt, um die Leute nach Hause zu bringen und die aufzusuchen, die schon versucht hatten, zu gehen.
Da auf der Wiese stehen jetzt übrigens Schafe, die machen das schön kahl, da könnten wir eigentlich mal wieder Fußball spielen.